14.08.2020 – Ilona Arfaoui

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Allein die gesamte Ausstattung mit dem Cover, im Innenteil mit den Vignetten, gezeichnet von dem Grafiker Karmazid, geben ihm auf den ersten Blick sein hochwertiges Aussehen.

Aber es ist selbstverständlich auch der Inhalt, der diese Anthologie zu einem Erlebnis macht. Ich müsste in mich gehen und darüber nachdenken, welche Geschichte mein Liebling ist. Es gab zwei, die wirklich meine Seele angesprochen hat, aber insgesamt ist eine wie die andere lesenswert.
Was sie ausmachen ist ihre Vielfältigkeit: traurig, grausam, romantisch, liebevoll, zynisch, zornig, spannend … und immer mit einem überraschenden Ende zum Nachdenken. Zum erleichtert grinsend aufatmen, zum Atem anhaltend, und um einige Tränen zu verdrücken oder laufen lassen.

„Kein Traum“: Während ich die Geschichte gelesen habe, musste ich mir die ganze Zeit überlegen, als der Protagonist am Ende seinem seltsamen Gast ein Glas vom „goldenen Freund“ einschenkt, welchem meiner geliebten Musikstücke (egal ob Vinyl oder CD) ich zum letzten Mal lauschen möchte?
Gut, aber in dieser Erzählung geht es um viel mehr, nämlich darum, wie ich meine Lebenszeit nutze und jeden Tag dankbar sein sollte, sie auch nützen zu dürfen.
Übrigens, ich weiß, welches Stück ich hören würde … aber vielleicht kann ich mich ja trotzdem weiterhin in einer Anderswelt an all meinen Lieblingsstücken erfreuen.

„Das Königreich“: Man sollte in der Tat möglichst versuchen, jeden Ratschlag, den man erhält, genau zu prüfen und vor allem ernst zu nehmen.

„Prosit Neujahr“: Was haben der Protagonist Hank und ich gemeinsam? Wir hassen garstige Feste wie Fasching, Neujahr, Valentinstag etc. Ich habe mich gefreut, den guten Hank wieder zu treffen, wenn auch nicht in Begleitung der renitenten Oma. Mir hat diese Art das neue Jahr zu begehen außerordentlich gefallen, wobei ich mich höchstwahrscheinlich mit einem „Gedeck“ begnügen müsste.

„Jenseits der Purpurnacht“: Beginnt wie Shakespeares „Romeo und Julia“, endet wie Sartres „Hinter verschlossenen Türen“. Bereits der anfänglich verdächtig untypische „romantische Schreibstil“, ließ kein nettes Ende erahnen. Und es ist nicht nett, nein, das ist es wirklich nicht.

„Eine Laune der Natur“: Schon mal darüber nachgedacht, womit sich Frankensteins Monster &  Co in ihrem Alterswohnsitz so beschäftigen? Hier wird mit Vorurteilen gnadenlos aufgeräumt.

„Beste Zeit“: Wenn die Erinnerung immer mehr verblasst, kann sich dafür an ihrer Stelle eine völlig neue Welt auftun. Vielleicht sogar eine Welt, die man sich immer erträumte.

„Versteckspiel“: Nichts kann so wundervoll sein, wenn zwei Seelen sich finden, um miteinander die Ewigkeit zu verbringen. Eine zauberhafte Geschichte voller Hoffnung

„Gesichter in der Menge“: Ja, wahrscheinlich sollte man mehr tun, als nur oberflächlich hinschauen.

„Man erntet, was man sät“: So ist es, lieber Hank. Ich glaube wir müssen mal zusammen ein Gedeck zu uns nehmen.

„Home Invasion“: Das kommt davon, wenn man zu viel Krimi-Thriller-Horror-Geschichten liest oder sieht. Könnte beinahe ich sein.

„Zuckerperlen“: Will man alle auf einmal, hat man am Ende keine mehr.

„Leere“: Diese Gedanken verfolgen mich mitunter auch in den Monaten mit dem schönsten Sonnenschein …

„Der Spuk“: Man hofft ja bis zum Ende, dass alles wieder gut wird. Ob das Hoffen Erfolg hat, werde ich an dieser Stelle aber nicht verraten (Spoiler). Nervenkitzel von Anfang an ist schon mal garantiert.

Kurzum – Ian hat mit dieser Anthologie bewiesen, dass er die „Kurzen“ vom Spannungsbogen und vom Schreibstil her genauso hervorragend rockt, wie seine beiden „großen Romane“. Chapeau!