09/2021 – Von Bling-Bling-Bloggern und dem Kleinkrieg „Verlagsbuch vs. Selfpublishing“

Es ist wirklich erschütternd, was man in den letzten Tagen so alles lesen musste, und entgegen meiner natürlichen Art damit umzugehen (Schulterzucken und leise ärgern), hat mich das Thema sehr beschäftigt. Daher kommt nun ein Text, den ich einfach mal schreiben wollte und der nicht die allgemeingültige Wahrheit ist, aber meine Gedanken widerspiegelt. Ich will zur Sicherheit darauf hinweisen, dass der Text mitunter sarkastisch verstanden werden darf.

Nee, das Foto muss nicht zwingend sarkastisch verstanden werden …

Bling-Bling-Blogger

Ja, es gibt sie! Die strahlenden Helden des Bloggertums, die sich gerne bemustern lassen, um hemmungslos Werbung zu machen, und damit ihren Lebensunterhalt verdienen wollen. Die Bling-Bling-Blogger. Manche dieser goldschimmernden Gestalten der virtuellen Literaturwelt sind aber der Meinung, dass Selfpublisher den Dreck unter ihren Fingernägeln nicht wert sind und wer sie nicht bezahlt, damit sie sich um das minderwertige Büchlein scheren, soll froh sein, dass man nach der drölften Rückfrage wenigstens eine schriftliche Abfertigung per Messenger erhalten hat.
So what! Wenn man keine Ahnung hat, wovon man spricht, sollte man einfach die Klappe halten. Die Qualität von selbstverlegten Büchern ist mittlerweile so hoch, dass man als Leser nicht weiß, ob es ein Verlagsprodukt oder handgemacht ist. Aber das wissen alle, die sich ernsthaft mit der Selfpublisherszene beschäftigen und ich sage es nicht, um die Bling-Bling-Blogger bekehren zu wollen. Ich habe keine Lust, Zeit oder Interesse daran, ignoranten, selbstverliebten Klugscheißern die Welt zu erklären (ist ja auch nur meine eigene kleine Welt) und wenn sie in ihrer Bubble glücklich sind, sollen sie es halt sein. Wen schert es schon? Mich nicht. Ich würde mich nur freuen, wenn sie zukünftig keine Unwahrheiten verbreiten und über Dinge, von denen sie keine Ahnung haben, schweigen würden. Das kommt auch übrigens der eigenen Reputation zugute, wenn man sich nicht selbst lauthals als Idiot outet.

Idiot sein ist das eine, aber wenn diese angeblichen Menschen glauben, dass es ein Kavaliersdelikt ist, eBooks, die als Rezensionsexemplare verschickt wurden, auf illegalen Tauschbörsen anzubieten oder explizit als Rezensionsexemplare gekennzeichnete Taschenbücher zu verkaufen, und gleichzeitig die Dreistigkeit besitzen, die Autoren*innen zu bedrohen, wenn sie sich dagegen wehren, liegen sie falsch. Dann sind es kriminelle Ratten, die sich der Beleidigung, des Rufmords und Diebstahles schuldig machen bzw. machen können!
Ihr Schmarotzer habt nicht mal 3 oder 4 Euro für ein eBook übrig? Leute, besorgt Euch besser einen echten Job. Vielleicht findet ihr ja einen, in dem der Chef Euch nicht bezahlt, dann wisst Ihr mal, wie sich das anfühlt. Ihr habt keinen Respekt vor der harten Arbeit der Autoren*innen? Dann erwartet besser keinen Respekt von uns.

Verlagsbücher vs. Selfpublishing

Dieses Thema taucht auch ständig auf und ich habe keine Lust zu wiederholen, dass der Unterschied oftmals kaum noch vorhanden ist. Realistisch betrachtet: Es gibt tolle Bücher und es gibt beschissene Bücher. Beim Verlag und beim Selfpublishing. Das entscheidet der jeweilige Leser. Ist so.

Warum Menschen behaupten, dass Selfpublishing automatisch Schrott sein soll, weiß ich nicht. Versteht ich auch nicht. Ich finde es aber immer höchst amüsant, wenn Menschen anderen erzählen, was sie alles nicht mögen und diesen Standpunkt vehement verteidigen. Mein Universaltipp: Redet doch lieber über Dinge die Ihr mögt. Das macht gute Laune und ist wenigstens keine Verschwendung von Lebenszeit.
Der Buchmarkt ist wie eine leckere Salatbar! Nehmt Euch, was Euch schmeckt. Es ist so viel Auswahl vorhanden und Ihr entscheidet, ob Ihr ausschließlich grünen Salat mit Radieschen pickt oder Euch an unbekannte Geschmäcker herantraut. Schmeckt nicht immer alles lecker, aber erweitert den Geschmackshorizont.

Wer übrigens glaubt, bei einem Verlagsprodukt ist alles perfekt: Denkt lieber nochmal drüber nach. In einer großen Anzahl von Verlagsbüchern findet man Fehler. Vor einiger Zeit bei einem Lovecraft-Buch vom Suhrkamp Verlag … was ich aufgrund des Alters der Geschichte schon sehr witzig fand (okay, ich habe nicht gecheckt, ob es eine neue Übersetzung war …) und zuletzt bei ES aus dem Heyne-Verlag (Auflage irgendwann in den Neunzigern). In meinen Büchern findet ihr garantiert (leider) auch Tippfehler.
Puh. Nach der Theorie der Selfpublisher-sind-Nichtskönner-Fraktion bin jetzt also der Loser, weil ich alles komplett allein gestemmt habe und King ist der King (was er zweifellos für mich ist), obwohl sein Übersetzer, die Testleser, sein Lektor, sein Korrektor Tippfehler übersehen?
Hm. Ich finde Tippfehler nicht schlimm (außer wenn ich sie fabriziere, dann nervt es mich endlos). Entscheidend sind der Stil, die Sprache und die Geschichte. Und eine Sache, die man schnell aus den Augen verliert: Autoren, Korrektoren und Lektoren sind auch nur Menschen.

Wie denke ich persönlich über Verlage?

Ich spreche hier nicht über die großen Publikumsverlage. Das sind börsennotierte Konzerne, die Gewinn erzielen müssen – oder denkt Ihr, die Aktionäre klatschen in die Hände, wenn ein großer Verlag Verlust einfährt, weil er tolle Nischenbücher veröffentlicht, die nur 100 Menschen lesen wollen, anstatt Dividende auszuzahlen? Publikumsverlage müssen ein großes Publikum bedienen, um die Aktionäre glücklich zu machen. Mainstream. Dagegen ist auch überhaupt nichts zu sagen, denn jeder von uns liest gerne seinen Lieblingsautoren, der von vielen Menschen geliebt wird! Ich jedenfalls. Wo wäre ich ohne King, Camus, Murakami oder Lovecraft?

Ich denke, man sollte dieses Verlagsbuch-vs.-selbstverlegtes-Buch-Denken in die Tonne treten. Wie oben schon erwähnt: Das individuelle Empfinden und Verstehen der Geschichte, des Stils und der Sprache entscheidet, ob ein Buch zu einem Lieblingsbuch oder Zeitverschwendung wird.

Ich stelle mir vor, einige meiner Lieblingsselfpublisher würden zu einem Verlag wechseln! Was sollte ich dann tun? Ihre alten Bücher wegschmeißen, mit hochrotem Kopf „Verrat“ brüllen, mit dem Fuß aufstampfen und die nächsten Bücher ignorieren? Bullshit! Manchen Autoren*innen würde ich einen guten Verlagsvertrag so sehr wünschen, denn ihre Bücher sind so großartig, dass ich mich freuen würde, wenn viel mehr Menschen in diesen Genuss kämen!

Kleinverlage rechnen etwas anders als die großen Verlage. Ich behaupte gern, dass Menschen, die einen Kleinverlag betreiben, mindestens so idealistisch und positiv-behämmert sind, wie die Selfpublisher selbst. Natürlich sollte eine Veröffentlichung sich selber tragen und im Optimalfall etwas Geld abwerfen, damit man sich entwickeln kann, aber man spürt und weiß, dass das Herz deutlich mehr bei der Sache ist, als bei einem Publikumsverlag und der Verlagschef unter Vertrag nimmt, was ihm gefällt, und gleichzeitig eine Chance hat, von genügend Lesern gekauft zu werden, um sich zu rentieren. Logisch, oder?

Ich persönlich liebe es, ein Selfpublisher zu sein. Aber letztens bin ich mit meinem aktuellen „Projekt M:L“ an meine Grenzen gestoßen. Zweifel. Sorgen. Fehlende Vernetzung. Planlosigkeit. Ich wusste nicht mehr weiter und war / bin der Meinung, dass ich Hilfe brauche, um nicht an meinem eigenen Anspruch zu scheitern.
Ja, ich habe mich bei dem einzigen Kleinverlag, der für mich persönlich in Frage käme, umgeschaut. (Ich weiß, ich bin da sehr wählerisch …)
Leider – oder zum Glück? – nimmt man dort momentan keine Manuskripte an und vielleicht war das ein Zeichen für mich. Das Zeichen, den Arsch hochzubekommen und das Beste zu geben, zu dem ich in der Lage bin. Denn genau das macht das Selfpublishing aus: Von der Idee bis zum fertigen Buch ist alles deins! Jeder Fehler, jede geniale Idee gehört dir ganz allein. Du wächst mit jedem Buch ein kleines Stück und das einzig aus eigener Kraft und mit der Unterstützung der Leser. Mach dein Ding und sei stolz darauf.

Manchmal wäre es durchaus reizvoll, etwas Verantwortung abzugeben und Hilfe zu erhalten; besondern in Arbeitsfeldern, die mir nicht gut liegen und gleichzeitig wichtig sind. Andererseits gibt man auch einiges aus der Hand, was ich gewohnt bin, selbst unter Kontrolle zu haben. Sicherlich ist es aber so, dass man mit der Unterstützung von guten Kleinverlagen persönlich wachsen und viel lernen könnte.
Vielleicht wende ich mich in Zukunft erneut an den Verlag. (Nur weil ich mal da anbimmle, heißt es ja nicht automatisch, dass der Verleger nur auf mich gewartet hat.)
Vielleicht auch nicht. (Ich bin ja, bis auf die Krisen und den Zweifel, eigentlich sehr zufrieden.)
Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt.

Außer:
Ich habe ein spannendes Veröffentlichungskonzept für mein kommendes Buch ausgedacht und bin sicher, dass es dem Selfpublishergedanken viel mehr Rechnung tragen wird, und genau das ist für mich momentan sehr reizvoll und ich hoffe, dass meine Ideen und die Umsetzung Euch ebenfalls begeistern wird.

Ich weiß, es gäbe noch viel mehr zu den Themen zu sagen und viele Blogger*innen und Autoren*innen haben es bereits getan und werden es noch tun. Und das ist gut so. Mit jeder Meinung fügt sich ein Puzzlestück dazu.

Ich habe großes Glück gehabt, dass ich so wundervolle Blogger*innen und Autoren*innen gefunden habe. Menschen, die aus Leidenschaft über Bücher sprechen, Beiträge teilen und mit Herzblut bei der Sache sind. Das ist definitiv nicht selbstverständlich und ich bin dankbar für jeden von Euch! Danke, dass Ihr mich bereits so lange unterstützt und nicht vergesst!

Ihr seid die Besten und ich würde ohne Euch gar nicht existieren!

Liebe Grüße und tausend Dank!
Ian.