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Mit „Absorption“ ist vor kurzem das dritte Buch von Ian Cushing (In Ewigkeit, Die Träne der Zauberschen) erschienen – nach einer Novelle und einem Roman handelt es sich nun um die erste Kurzgeschichtensammlung des engagierten Neuautors. Obwohl – oder vielleicht gerade weil – im Self-Publishing veröffentlicht, ist es dem Autor bereits gelungen, eine Art eigene Marke zu etablieren. Das atmosphärische Cover stammt wie bei den vorigen Bänden von dem Künstler Karmazid, diesmal jedoch ergänzt durch zahlreiche weitere Illustrationen am Anfang eines jeden Kapitels. Das dient nicht nur dem Wiedererkennungswert, sondern verleiht dem Werk auch schon eine allein optische Qualität, die mühelos mit Verlagspublikationen mithalten kann und einen unverwechselbaren eigenen Akzent setzt.
12 Geschichten und ein Gedicht sind hier auf rund 250 Seiten versammelt – in Genre und Thema grundverschieden und doch verwandt im charakteristischen Stil des Autors.
Ein Mann sieht sich an Weihnachten hilflos einer „Home Invasion“ gegenüber, ein König muss sich mit seltsam archetypischen Beratern herumschlagen und eine an überhaupt kein reales Vorbild erinnernde Politikerin wird plötzlich mit der Realität konfrontiert …
Klassische Horrorfilmfiguren verbringen ihr allzu unspektakuläres (Un-)Leben in einer Seniorenresidenz, der gemeinsame Tod eines unglücklichen Liebespaares bringt nicht das gewünschte Ergebnis und auch ein erfolgreicher Topagent ist nicht ganz das, wofür er sich hält …
Am längsten schließlich ist die letzte Geschichte „Der Spuk“ – ein drastischer Psychothriller über eine labile Frau, die seltsame Geräusche im Haus vernimmt und doch nicht annähernd das Ausmaß der menschlichen Abgründe um sich herum erahnt …
Cushings Werke sind nur allzu persönlich, in diesem Falle noch verstärkt durch ein kurzes Nachwort zu den Hintergründen einer jeden Kurzgeschichte. Gewichtige Themen wie Tod, Liebe und Demenz reizen Cushing zu manch philosophischen Szenarien, die gerade in ihren subjektiven Ansätzen die ganze Skala von kitschig bis zynisch ausreizen. Möglich wir das nur durch eine trotz unweigerlicher Kürze meisterhaft lebendige Charakterzeichnung, beim introvertierten Musikliebhaber ebenso wie beim alten Ehepaar und eiskalten Psychopathen. Rund um die in mehreren Geschichten auftretende Ortschaft Pfuhlenbeck zeichnet sich mittlerweile ein ganzes Universum mit wiederkehrendem Figureninventar ab: In gleich zwei Geschichten begegnen wir Hank, einem schamlos herumphilosophierenden Trinker, der seinen dritten Auftritt übrigens in einem Beitrag der Anthologie „Zombie Zone Germany“ hat. Und auch die teils toten, teils lebendigen Protagonisten aus „Die Träne der Zauberschen“ erleben manch unerwarteten neuen Auftritt. Man kann gespannt sein, wie sich dieser Kosmos im Zukunft entwickeln mag …
Von Phantastik und Drama bis zum Märchen – „Absorption“ bedient ganz verschiedene Genres und lässt sich doch im Ganzen unmöglich einordnen. Innovativ aber sind alle Geschichten – so unterschiedlich auch ihre jeweilige Aussage, wird doch eine jede pointiert und plastisch zum Leben erweckt. Durchaus von einiger literarischer Qualität, liest sich das Buch doch aller Bedeutungslast zum Trotze kurzweilig und unterhaltsam – eine lohnende Lektüre also, die buchstäblich zur Absorption einlädt.
Anmerkung: Persönliches Rezensionsexemplar – könnte Spuren von Befangenheit enthalten.