
Der letzte gute Tag ist für jeden eine Sache der Definition. Für den Professor ist es die schöne Gartenparty an seinem fünfzigsten Geburtstag. Der Tag, an dem die Hölle losbricht. Sein Sohn stirbt, seine Frau verschwindet und die Erde ist von jetzt auf gleich nicht mehr wieder zu erkennen. Der Himmel verdunkelt sich und Chaos bricht aus. Und für die Älteren, die überlebt haben sind es Erinnerungen, Geschichten und die Tatsache nicht alleine sterben zu müssen.
Seit Tag X ist die Menschheit in zwei Lager gespalten: Die, die sich an Mitmenschen klammern, Aufgaben innerhalb einer festen Gemeinschaft suchen, die Strukturen brauchen, Schutz und Trost benötigen und geführt werden wollen und diejenigen, die sich nicht an feste Orte oder Personen binden wollen. Sie suchen, wandern, fliehen.
Josef, »der Professor«, ist so ein Geschichtenerzähler, ein ruheloser Wanderer mit dem Ziel das Versprechen gegenüber seiner Frau, sie wieder zu finden, einzulösen. Jenes Versprechen ist alles, was ihn noch hoffen und glauben lässt. Dies ist der einzige Grund seiner traurigen Existenz. Obwohl Josef den Abstand zu seinen Mitmenschen wahrt, kommt er um den zwanzigjährigen Ben »Keule« als neuen Weggefährten nicht drum herum.
Der Mensch wurde faul und leichtgläubig. Wofür abrackern, wenn die K.I. sämtliche Ideen aus dem www zusammenklauben kann. Egal ob es Texte, Videos oder Fotos sind. Objektivität und Fakten wurden irrelevant. Ob es Real oder Fake ist, muss jeder selbst entscheiden. Wo bleiben da Empathie oder Emotionen in Kunst und Kultur?
Seicht schwebt der mahnende Finger des Herren Cushing durch diese Grundüberlegung. Auch wenn K.I. bestimmt eine tolle Spielerei ist, als Kind der Neunziger habe ich die letzten Züge der analogen Zeiten noch mitbekommen und mir hat es an nichts gefehlt. Schon gar nicht an Kreativität.
»Der letzte gute Tag« spiegelt ein Stück weit die aktuelle Situation wieder. Ein erneutes »Was wäre wenn«-Experiment Cushings, das uns eine erschreckende Zukunftsvision aufzeigt.
Diese Geschichte steckt voller emotionaler Grausamkeiten, angefangen beim seelischen Zustand der Menschen, die von jetzt auf gleich einfach alles verloren haben und steckt doch voller Hoffnung, den einen Menschen zu finden, den man über alles liebt.
Zum Ende hin zog es sich ein wenig und wurde für meinen Geschmack etwas zu klebrig kitschig, doch das Finale hat es nochmal richtig raus gehauen.
Somit ist »Der letzte gute Tag« eine runde, kluge dystopische Erzählung, die zum Nachdenken anregt. Schwermütig in der Luft liegt und Hoffnung spendet.
Vielen lieben Dank Ian Cushing für das Rezensionsexemplar.
